2019-07-23

#rpDetroit-Co-Kurator Dimitri Hegemann über die Musikszene und Potentiale Detroits

 

Dimitri Hegemann ist der Gründer und Betreiber des legendären Berliner Clubs Tresor und darüber hinaus Raumforscher, Kulturmanager und Direktor des KRAFTWERK BERLIN, einem Raum für Kultur und Diskurs. 

Bei der #rpDetroit ist Dimitri Hegemann Co-Kurator des Tracks “Arts & Culture” mit Fokus auf das Musikprogramm und mitverantwortlich für die Auswahl der Einreichungen des Call for Participation. Im Interview spricht er über seine langjährige Verbindung zu Detroit, aktuelle Herausforderungen der hiesigen Musikszene und über die Potentiale der Stadt.

Wie ist deine Beziehung zu Detroit?
Ich arbeite schon seit vor dem Mauerfall mit Künstler*innen aus Detroit zusammen. 1987 startete ich ein kleines Independent-Schallplatten-Label in Berlin, das unter anderem mit verschiedenen Musiker*innen aus dem US-Bundesstaat Michigan kooperierte. 1988 veröffentlichte ich zum Beispiel das Album "DEEP INTO THE CUT“ von der Gruppe Final Cut, bei der Jeff Mills mitwirkte, der für den legendären Detroit-Sound weltbekannt ist. So entstanden die ersten Kontakte zur Detroiter Kreativ- und Musikszene.

Wie lässt sich die aktuelle Musikszene in Detroit beschreiben?
In Detroit passiert permanent so viel. Detroit ist das Mekka der Musik in Amerika. Hier treffen wir alle Musikstile vom BeBop über Hip Hop (Eminem) bis Motown (Stevie Wonder, The Temptations) und Detroit-Techno. Iggy Pop, Patti Smith, MC 5, White Stripes, Aretha Franklin und so viele mehr haben die Musikszene in Detroit geprägt. 

Was Detroit aber in meiner Wahrnehmung fehlt, ist eine lebendige Clubkultur. Es gibt nicht ausreichend Bühnen, wo die vielen Musiker*innen auftreten können. Dabei gibt es in der Stadt so viel Leerraum, der dafür genutzt werden könnte! Leider existiert in Detroit aber eine Sperrstunde. Ab 1:30 Uhr in der Nacht heißt es „last order“ und um 2 Uhr bist du draußen auf der Straße vor dem Club. 

Welche Potentiale siehst du in Detroit?
Es gibt so viel Raum! Über die Jahre ist Detroit geschrumpft und es fehlt an Menschen. Ihr solltet alle mal vorbeischauen – der ein oder anderen Person gefällt die Stadt bestimmt. Detroit hat Platz für 500.000 mehr Einwohner*innen. Also zieht hin. MOVE TO DETROIT!

Ich denke, ein riesiges Potential für Detroit liegt außerdem in der Vermarktung seiner Musik. Das heißt, die Sperrstunde sollte aufgehoben werden. Dies würde nicht nur mehr Clubs ermöglichen, sondern auch Arbeitsplätze schaffen. Mit der Initiative Detroit-Berlin Connection (DBC) arbeite ich schon seit Jahren an einer Aufhebung der Sperrstunde in Detroit und wir sind auf einem guten Weg. Schon ab November wird die Sperrstunde auf 4 Uhr in der Früh gelegt – ein toller Erfolg!

Was ist besonders an der Berlin-Detroit-Verbindung?
Sie hält offensichtlich ewig. Das ist eine schöne Erfahrung im schnelllebigen „Showbusiness“. Die Arbeit der DBC basiert auf den permanenten Austausch von Erfahrungen zwischen Kulturaktivist*innen und Künstler*innen der Städte Detroit und Berlin. Der Deal ist einfach: Detroit gab und gibt uns Berlinern kostbare Musik, wir geben Erfahrungen über Strukturen und Wirtschaftlichkeit unserer Berliner Nachtkultur zurück. Hier findet ein reger Dialog unter den Akteur*innen statt. Alle kreativen Köpfe sind eingeladen, mitzumachen und mitzuwirken. Das Gefühl, nicht alleine zu sein mit seiner Idee, hilft den einzelnen Querdenker*innen, weiterzumachen. Über diesen Weg ist der DBC schon einiges gelungen: Der Zugang zur Politik ist erreicht, die Türen stehen offen, man spricht miteinander über Verbesserungen und auch ein Nachtbürgermeister wurde aufgrund der vielen Fragen der kreativen Szene eingesetzt. Zudem finden zwischen Berlin und Detroit seit einigen Jahren verschiedene Residencies statt. Die Politik dieser vielen kleinen Schritte ermutigt junge Entrepreneurs in beiden Städten, ihr Engagement zu intensivieren.

Was erhoffst du dir von #rpDetroit?
Dass re:publica mit ihrer Sequencer Tour im September in Detroit Station macht, ist eine Sensation. Die „Digital Society“ wächst natürlich auch in dieser verletzten Stadt, die so viel durchgestanden hat. Das junge Detroit freut sich riesig über den Besuch der re:publica. Bestimmt vertieft sich dadurch die Beziehung unter den Kreativen zwischen Berlin und Detroit!

Die Teilnahme am Call for Participation ist noch bis zum 1. August möglich! 

Detroit-Berlin Connection